Karl Wilhelm Salice-Contessa (1777-1825)

Schon wieder ist es der ungewöhnliche Name, der mich auf diesen interessanten Autor aufmerksam gemacht hat. Kein großer Autor, kein bedeutender Autor, aber viel zu interessant, um vergessen zu bleiben, denn vergessen ist er leider fast ganz. Man erinnert sich seiner eigentlich nur noch als einen der Serapionsbrüder um E.T.A. Hoffmann.

Entsprechend spärlich sind die Quellen zu seinem Leben. Der Wikipedia-Artikel ist fast schon winzig und die Allgemeine Deutsche Biographie gibt noch weniger her, verweist aber auf das Vorwort der Gesammelten Schriften, herausgegeben von Contessas Freund aus Jugendtagen, Ernst von Houwald, ebenfalls Schriftsteller und Dramatiker. Hier schreibt der Freund über den erst ein Jahr zuvor verstorbenen Freund. Ich könnte das jetzt zusammenfassen, aber mich berührt die Freundschaft und Liebe, die einem aus den Zeilen entgegen weht so sehr, dass ich Houwald leicht gekürzt selbst zu Wort kommen lassen möchte.

[…] Was von ihm bereits durch den Druck bekannt geworden ist, hat diesem Verfasser die allgemeine Achtung erworben, so daß man dem Namen Contessa einen ehrenvollen Rang unter den Schriftstellern Deutschlands angewiesen hat. Seine dramatischen Dichtungen werden fortwährend und gern auf den Bühnen gesehen, und wegen der geistreichen und fleißigen Behandlung ihres Stoffes, und wegen der überraschenden Wahrheit der Charaktere zu den besten deutschen Lustspielen gezählt. Seine Novellen, reich an Humor, wie an Tiefe des Gefühls, hat man wegen ihrer lebendigen, oft großartigen und dennoch einfachen Darstellung; und wegen der reinen prunklosen gediegenen Sprache als Muster aufgestellt; man hat den Verfasser stets zu den wenigen gezählt, die mit einfachen und gering scheinenden Mitteln bedeutende Wirkungen hervorzubringen wußten, und in ihm deshalb einen Dichter geehrt, der im ruhigen Gefühl seiner Geisteskraft und Sicherheit alle die gewöhnlichen Hülfsmittel, ein schnelles Aufsehen zu erregen, verschmähte, und der immer nur dasjenige anspruchslos darstellen mochte wozu ihn sein Genius aufforderte.

Ein solcher Dichter darf nicht untergehen, ihn wird sein Vaterland nicht vergessen wollen! Es hat vielmehr ein Recht zu der Forderung, daß diejenigen, welche dem Vollendeten am nächsten gestanden, seine geistigen Verlassenschaften nunmehr dem Volke, dem er angehörte, als ein rechtmäßiges Erbe desselben ausantworten sollen. Diesem Gefühle, dieser Überzeugung bin ich gefolgt; ich habe die sämmtlichen Schriften meines Freundes aus diesem Nachlasse gesammelt, sie nach der Zeit ihrer Entstehung geordnet, und so eine heilige Pflicht erfüllt.

Früher gedachte ich, auch seine Lebensbeschreibung diesen Werken anzufügen, sie sollte aus der Feder eines seiner im nächsten Freunde, des Biographen von Callot-Hoffmann und Zacharias Werner fließen, der ihm bis zum letzten Augenblicke mit am nächsten gestanden hat, und deshalb auch willig die Hand dazu bot. – Als wir jedoch die wenigen Materialien hierzu gemeinschaftlich zusammengestellt hatten, und die erste Skitze seines Lebensbildes vor uns stand, wurde es uns bald klar, dass es sich zur weiteren Ausführung und öffentlichen Mittheilung nicht eigne, weil es trotz der reichen Ausstattung, welche Contessa von der Natur erhalten, trotz seiner seltnen Geistesbildung, seiner anspruchslosen Liebenswürdigkeit im Umgang, seines durchaus edlen Sinnes, dennoch nur die Züge eines äußerlich unbedeutenden, an interessanten Ereignissen armen, durch Verstimmung und Kränklichkeit vielfältig getrübten, ja wohl verfehlten Lebens geben würde. Ich habe es daher vorgezogen, bloß ein treues Bild des Dichters mit dem sehr gelungenen Kupferstiche, und, als seine vollständigste Charakteristik, seine Schriften selbst dem Publikum zu übergeben. Nur folgende kurze Nachrichten über ihn mögen hier noch Platz finden:

Carl Wilhelm Salice Contessa wurde zu Hirschberg in Schlesien, wo sein Vater ein reicher angesehener Kaufmann war, am 19. August 1777 geboren. Nach dem Tode des Vaters bezog er im Jahre 1794 das Pädagogium zu Halle und ging als einer der ausgezeichnesten Zöglinge desselben im Jahre 1798 auf die Universität nach Erlangen. [Studium der Rechtswissenschaften] Nach einem Aufenthalte von einem Jahre hier kehrte er von dort nach Halle zurück, reiste dann im Winter 1800 auf einige Monate nach Paris, und begab sich im Sommer 1802, nachdem er sich in Halle mit Johanna Jahn verheiratet hatte, nach Weimar, um dort als Privatmann zu leben. Der Tod trennte diese Ehe bald, die Mutter starb mit ihrem Kinde im ersten Wochenbette. Contessa ging hierauf im Jahre 1805 nach Berlin, und ließ hier, im Verein mit seinem ältern Bruder, zuerst einige seiner Dichtungen im Druck erscheinen. Im Jahre 1808 verheiratete er sich zum zweiten Male mit Henriette Nauendorf, von welcher ihm sein jetzt noch lebender Sohn geboren wurde. Auch in Berlin führte Contessa ein höchst eingezogenes nur von wenigen gekanntes Privatleben. Eine öffentliche Anstellung hat er nie gesucht, er widmete seine Zeit abwechselnd einigen literarischen Arbeiten, oder selbstgewählten oft veränderten wissenschaftlichen Studien, als alter und neuer Literatur, Mineralogie, Geschichte u.s.w. oder künstlerischen Beschäftigungen, als Musik und Malerei. Im Jahre 1816 starb ihm auch die zweite Gattin, worauf er Berlin verließ, und nunmehr den Aufenthalt in meinem Hause wählte, um seinen sechsjährigen Sohn mit meinen Kindern erziehen zu lassen. Seit jener Zeit genoss ich nun das seltne Glück meinen ältesten vertrautesten Freund völlig als ein Mitglied meiner Familie betrachten und mit ihm alles was das Leben giebt, selbst jeden Gedanken teilen zu können; bis er sich im Herbst des Jahres 1824, seines bedenklichen Gesundheitszustands wegen, auf einige Monate nach Berlin zu wenden beschloss, wo er Heilung zu finden hoffte. […] und starb dort am 2. Juni 1825. Auf dem St. Hedwigs Kirchhofe in Berlin […] bezeichnen folgende Worte auf einem einfachen Denkmal seine Grabstätte:

Hier ruht Karl Wilhelm Salice Contessa,geboren zu Hirschberg in Schlesien, am 19. August 1777,gestorben zu Berlin, am 2. Juni 1825.

Als Freund den Freunden, als Mensch allen, die in kannten, als Dichter dem ganzen Deutschland teuer und unvergesslich!

Endlich muss ich noch erwähnen, daß mir die Achtung und Liebe, in welcher der Verstorbene allgemeinen stand, aufs neue wieder recht offenbar geworden ist, während ich seine Schriften sammelte; denn man hat mir nicht allein zu dem vollständigen Gelingen dieses Unternehmens allenthalben bereitwillig die Hand geboten, sondern auch die frühern Verleger von Contessas einzelnen Schriften, und namentlich sein erster Verleger, Herr Buchhändler Reimer in Berlin, und die Herren Buchhändler Dümmler in Berlin und Arnold in Dresden haben zu Gunsten des Sohnes, für dessen Vorteil die Schriften des Vaters hier in einer Gesammtausgabe erscheinen, auf alle Ansprüche freiwillig verzichtet, die ihre frühern Verlagsrechte ihnen gesetzlich hierauf gewähren könnten. –

Die Oper: Der Liebhaber nach dem Tode! hatte Contessa eigentlich für seinen Freund Callot-Hoffmann gedichtet, der, nachdem ihm Fouque’s Undine gelungen war, nun auch eine Dichtung von Contessa komponieren wollte. Er [Hoffmann] wurde jedoch hierbei vom Tode überrascht. […]

Neuhaus bei Lübben in der Niederlausitz,
den 1. März 1826.
Ernst von Houwald

(Quelle: Scann bei archive.org https://archive.org/details/cwcontessasschr01contgoog)

Bekannt war Contessa wohl vor allem wegen seiner Lustspiele, die auch den größten Teil seines Werkes ausmachen. Interessanter aus heutiger Sicht sind seine Novellen und Märchen. Die Novellen erinnern sehr an Hoffmann, sind handwerklich sorgfältiger aber nicht ganz so inspiriert wie die des berühmten Freundes. Seine Märchen sind etwas ganz besonderes, selbst in dieser an Märchensammlern und Märchenerzählern so reichen Epoche. Sie erinnern mich irgendwie an Tolkien, obwohl mehr als 100 Jahre zwischen den beiden liegen, vielleicht, weil sich beide ganz bewusst von einer reichen Tradition zu etwas ganz Neuem und Eigenständigen inspirieren ließen und dabei mit einer nicht zu überhörenden Spielfreude ans Werk gingen.

Trotzdem Contessas Lustspiele sehr beliebt waren, konnte er von seiner schriftstellerischen Arbeit allein nicht leben und war auf die Unterstützung seines Bruders Christian Jakob Salice-Contessa angewiesen, der nicht nur Großkaufmann und Kommunalpolitiker sondern auch Schriftstellen war.

In der Berliner Zeit sollen Contessa, Hoffmann und de la Motte Fouqué einmal in einem Biergarten im Tiergarten beobachtet haben, wie einem jungen Fräulein, das mit seiner Familie in diesem Lokal war, ein Billet zugesteckt wurde. Das Mädchen las das Billet in einem unbeobachteten Moment und eine Träne ran über seine Wange. Die drei malten sich aus, was für eine Geschichte wohl hinter dieser Szene stecken mochte und verabredeten, dass jeder eine Erzählung darüber verfassen solle. Hoffmann schrieb darauf Ein Fragment aus dem Leben dreier Freunde und Contessa Die Schatzgräber.

Die Schatzgräber, Das Gastmal und Das Schwert und die Schlagen gibt es als Hörbuch bei LibriVox.

Das gesamte erzählerische Werk könnt Ihr teils als für den eReader aufbereitete Scanns, teils als epub bei Archive.org herunterladen.

Wer E.T.A. Hoffmann mag, wird auch von Contessa nicht enttäuscht werden.

Frisch geschlüpft: Das Gemeindekind

Von Marie von Ebner-Eschenbach (1830-1916) gelesen von Julia Niedermaier

Eine Geschichte über zwei Kinder, die nach der Exekution des Vaters und der Inhaftierung der Mutter an die Gemeinde zur Obhut übergeben werden. Das Mädchen hat Glück und findet eine reiche Gönnerin, der Junge jedoch landet bei einer schlechten Familie, die ihn schamlos ausnutzt. Seine Schwester darf er jahrelang nicht sehen, weil man seinen angeblichen schlechten Einfluss auf sie unterbinden will. Auch das Dorf lässt ihn immer wieder spüren, dass er bei ihnen nicht willkommen ist – denn sie sind davon überzeugt, dass er eines Tages wie sein Vater enden wird. Pavel setzt sich zur Wehr, wodurch seine Situation noch schlimmer wird. Doch dann tritt jemand in sein Leben, der an ihn glaubt. Wird er doch noch den richtigen Weg einschlagen und den widrigen Umständen zum Trotze sein Glück finden? (Zusammengefasst von Julia Niedermaier)

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Zum Selbstlesen als eBook bei MobileRead.

Ein paar Wochen gab es nichts Neues, dafür sind jetzt gleich zwei Hörbücher fertig geworden. Wie schön! Gerade von Ebner-Eschenbach haben wir noch viel zu wenig im LibriVox Katalog.

Frisch geschlüpft: SPUK

Von Klabund (1890 – 1928) gelesen von Karlsson

Geschrieben im Fieber einer Krankheit, Januar bis April 1921.

In  SPUK erlebt der Ich-Erzähler metaphysische Visionen, die sich immer wieder mit der Realität vermischen, so dass die Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit oft aufgehoben zu sein scheint. Er hat mitten im Kabarett einen Blutsturz erlitten und ist zusammengebrochen. Von einem ihm unbekannten Paar wird er in die Charité gebracht. Seine Schwäche und der Einfluss von Medikamenten, Schuldgefühle wegen des Todes seiner Frau und die Erinnerungen an eine lieb- und freudlose Kindheit quälen den Erzähler in einer für ihn aussichtslos erscheinenden Situation.

HINWEIS: Die Geschichte enthält einige recht drastische Schilderungen und ist nichts für zarte Gemüter!

Klabund ist das Pseudonym des Schriftstellers Alfred Henschke. In SPUK erzeugt er mit kurzen Sätzen und einer kraftvollen und schonungslosen Sprache eine eindringliche Stimmung. Bezeichnenderweise hat Klabund den 1922 erschienenen Roman im Januar bis April 1921 „im Fieber einer Krankheit“ geschrieben, wie er in einer Vorbemerkung festhält. Der Autor litt seit seiner frühen Jugend an Tuberkulose; als 1928 noch eine Lungenentzündung hinzu kam, erlag er seinen Leiden im Alter von nur 38 Jahren. Klabund verfasste 25 Dramen und 14 Romane, die zum Teil erst postum veröffentlicht wurden, viele Erzählungen, zahlreiche Nachdichtungen und auch literaturgeschichtliche Werke. (Zusammenfassung von Karlsson)

Download bei LibriVox

Was für ein Buch! Nicht nur im Fieber geschrieben, eine Fieberfantasie, ein Fieberwahn!  Ich war Probehörer für die Aufnahme und kenne es also schon. Zwischenzeitig hat mich der Autor an einer Stelle verloren, Kapitel 31 insbesondere ist wirklich nichts für zarte Gemüter. Aber auch danach wollte ich unbedingt wissen, wie es weiter geht. Es ist ein besonderes Buch, ein Buch, das einen berührt, wenn auch bisweilen unangenehm. Karlssons Lesung aber ist an keiner Stelle unangenehm oder unangemessen, ganz im Gegenteil.

Frisch geschlüpft: Ferien vom Ich

Paul Keller (1873 – 1932), gelesen von Rebecca Braunert-Plunkett

Rezept für eine leicht bekömmliche (Urlaubs-) Lektüre: Man nehme einen Arzt mit originellem Kur-Konzept, einen hiervon begeisterten amerikanischen Millionär und eine ganze Reihe Kurgäste, die ihr Leben an der Rezeption abzulegen bereit sind um „Ferien vom Ich“ zu machen. Diese Mischung wird garniert mit einem Schuss Familientragödie, diversen Verwechslungen, Romanzen und unvorhergesehenen Zwischenfällen- und schließlich mit einer ordentlichen Portion Humor serviert. (Zusammenfassung von Rebecca Braunert-Plunkett)

Hörbuch bei LibriVox

Der schlesische Schriftsteller Paul Keller gehörte zu den meistgelesenen Autoren in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, was sich in einer Gesamtauflage seiner Bücher 1931 bei 5 Millionen widerspiegelt. Seine Werke wurden in 17 Sprachen übersetzt. (Wikipedia)

Ferien vom Ich ist das 1000. nicht englische LibriVox Projekt.

eBook bei Gutenberg.org

Max Dauthendey (1867-1918)

Das erste, was ich von Max Dauthendey gelesen habe, war „Das Giftfläschchen“. Sprachlich wunderschön beschreibt der erste Teil der Erzählung eine Reise nach Skandinavien und das Eintauchen in die Landschaft. Seine Prosa ist nicht einfach Prosa, er malt mit Worten, sein Sprache ist Musik, schon in seinen Erzählungen, mehr noch in seiner Prosa-Lyrik.

Im Grunde ein Laubberg, olivschwarz Zypressen, dahinter eine Wolkenlawine, dicht getürmt in gelbweißem Schaum. Oben das Abendlicht rostrot über die Baumwülste. Zwei Zypressen abseits, die Spitzen rote Stifte. Am Rand der Wiese dehnt sich der Rauch in weichen Hängen. (Auszug aus: „Das heilige Feuer“ aus: „Ultra Violett“)

Dauthendey kam 1867 in Würzburg zu Welt. Er hasste die Schule und verabscheute die Photographenlehre, die er machen musste, um nach den Wünschen seines Vaters dessen Geschäft zu übernehmen.

1891 erlitt er einen geistigen und körperlichen Zusammenbruch und wurde in eine Nervenheilanstalt eingewiesen. Nach der Genesung verfasste er erste kleinere schriftstellerische Arbeiten, die auch veröffentlicht wurden. Im selben Jahr floh er vor der bürgerlichen Enge und der Strenge seines Vaters in die Welt, in der er nie richtig heimisch wurde. Bereits nach zwei Wochen musste er seinen Vater brieflich um Geld bitten.

Geld hatte Dauthendey fast nie. Er lebte hauptsächlich von der Unterstützung seiner Freunde, borgte (gab aber wohl kaum je zurück), weniger von den meiste spärlichen Honoraren.

1896 heiratete er die schwedische Kaufmannstochter Annie Johanson, die zuvor mit einem Freund Dauthendeys verlobt gewesen war.

Er liebte das Reisen: Skandinavien, Italien, Mexiko, Südostasien. Auf Sizilien wollte er von der Landwirtschaft leben, in Mexiko eine internationale Künstlerkolonie gründen, eine Stickschule sollte die Dauthendeys aus ihrer wirtschaftlichen Dauermisere befreien. Die Pläne zerschlugen sich alle.

„Denn ich bin hier unter so jungen dummen Leuten, die alle rechnen und nie künstlerisch auszugeben verstehen.“ (1903 in einem Brief an sein Frau)

In Dauthendeys Leben wechselten immer wieder Phasen von intensiver künstlerischer Arbeit mit Phasen großer Unrast und Reiselust, doch von seinen Reisen zog es immer wieder nach Deutschland zurück. 1912 hatte Dauthendey ausnahmsweise einmal Geld und steckte es überstürzt in den Bau eines Hause im japanischen Stil in der Nähe von Würzburg. Der Bauplatz war nicht gut gewählt, das Haus wurde 1913 von starken Regenfälle zeitweise von der Umwelt abgeschnitten. Im selben Jahr verließ Dauthendey es für immer.

1914 brach er zu seiner zweiten Asienreise auf. Auf Java wurde er vom Ausbruch des 1. Weltkriegs überrascht und als deutscher Staatsangehöriger vom Kriegsgegner Niederlande interniert. Während der Haft erkrankte er an Malaria. An dieser Erkrankung starb Max Dauthendey 1918 kurz vor Ende des Krieges.

Ich mag nicht alles von ihm, vieles erschließt sich mir gar nicht, erscheint mir wie selbstverliebte Nabelschau durch eine asiatisch getönte Weisheitsbrille, aber immer wieder findet man bei ihm wahre Perlen. Eine lohnende Entdeckungsreise.

[…]Hinter den Baumriesen
Dampfen die Seenebel auf den ersten Strohhäusern drunten in den Hakonewiesen. Ein hölzernes Shintotor im Wald, ein paar Steinlaternen davor,
Bezeichnet den Eingang ins Dorf. Ein gewaltiger Baumzug von Riesenzedern läuft am See entlang, als wären die höchsten Bäume der Welt hier ans Ufer gewandert.
Und die Riesen machen halt und machen ihre Stämme lang, um über die Schilfwiesen in das Seewasser als Schatten zu fließen,
Damit sie im Seespiegel mit dem Bild des heiligen Fushiberges zusammenstießen.
[…]
(Auszug aus: „Der Fushiyama am Hakonesee“ aus: „Die geflügelte Erde“)

Quellen:
Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Max_Dauthendey
NDB http://www.deutsche-biographie.de/xsfz9385.html

Links:
Dauthendey bei LibriVox http://librivox.org/author/307
eBooks bei MobileRead (vielen Dank an brucewelch)
Die geflügelte Erde http://www.mobileread.com/forums/showthread.php?t=206590
Gedichte http://www.mobileread.com/forums/showthread.php?t=183787
Das Märchenbriefbuch der heiligen Nächte im Javanerlande http://www.mobileread.com/forums/showthread.php?p=1171826#post1171826

Frisch geschlüpft: Ossietzkys Sämtliche Schriften Teil 1

Von Carl von Ossietzky (1889-1938)

Carl von Ossietzky, Journalist, Pazifist und Friedensnobelpreisträger [1935], zählte zu den herausragenden Persönlichkeiten in Deutschland zwischen den Weltkriegen. Durch seinen investigativen Journalismus machte er in der Zeitschrift „Die Weltbühne“ erstmals auf die Aufrüstung Deutschlands aufmerksam und wurde dafür 1931 wegen Spionage verurteilt. Dieser erste Teil seiner gesammelten Schriften umfasst in verschiedenen Zeitschriften und Zeitungen erschienene Artikel über Politik, Geschichte und Kunst. (Zusammenfassung von Carolin)

Download bei LibriVox

Nicht ganz frisch geschlüpft, aber es ist mir ent-schlüpft und sei hiermit nachgetragen. Ossietzky gehört auf jeden Fall auch zu den Autoren, die es nicht verdient haben, vergessen zu werden.

Hokuspokus live!

Ja, das wär’s doch! Und beinahe – beinahe wäre es heute auch so weit gewesen. Anfang des Jahres bin ich gefragt worden, ob ich für eine kulturelle Einrichtung hier in der Gegend eine Lesung machen könnte. Ich habe mich natürlich wahnsinnig darüber gefreut und zugesagt. Die Organisation des ganze gestaltete sich dann aber ziemlich schwierig. Die Umstände waren mehr als ungünstig und so ist die Lesung dann leider vor ein paar Wochen abgesagt worden.

Es war aber eine ziemlich spannende Sache, so eine Veranstaltung mal durchzudenken und vorzubereiten. Ich habe ziemlich viel gelesen, einiges entdeckt und ein paar Aufnahmen für LibriVox sind auch dabei herausgekommen. Und so kann ich Euch heute – nicht live aber wenigstens virtuell zu einer Lesung einladen.

Alle Dateien als zip Datei von Archive.org herunterladen.

Stellt Euch ein Schloss vor, kein prächtiges Schloss, nein, mehr so ein kleines, das im Mittelalter mal eine Burg war. Dann hat es lange einem der hiesigen Fürstbischöfe als Verwaltungssitz gedient und ist ziemlich kräftig umgebaut worden. Ende des 18. Jahrhunderts größtenteils abgerissen hat es den Besitzer gewechselt und wurde Anfang des 19. Jahrhunderts im klassizistischen Stil zusammengeflickt und renoviert. All dass sieht man dem Schloss heute noch an. Es hat sogar noch den alten Bergfried aus dem 16. Jahrhundert, der sich von einem Felsrücken am Ufer des Flusses aus erhebt und weit in die Landschaft blickt. Stellt Euch vor, Ihr steigt diesen Turm hinauf. Die Treppe ist eng und steil, die Stufen sind blank geschliffen von den vielen tausend Füßen, die in 500 Jahren hier hinauf- und hinabgestiegen sind. Endlich kommt Ihre etwas außer Atem auf halber Höhe in der Türmerwohnung an. Durch ein großes unverglastes Fenster könnt Ihr weit über das Flusstal bis zu den nahen Bergen blicken, hinter denen die Sonne gerade untergeht. In der Fensternische liegen auf gemauerten Simsen bequeme Kissen, auf die Ihr Euch niederlassen könnt. Oder wollt Ihr lieber auf den dicken Teppichen am Boden sitzen? Bitte sehr, wie es Euch lieber ist. Ihr könnt Euch auch auf die Holztreppe setzen, die sich an der Wand entlang weiter nach oben windet.

Die Sonne schickt ihre letzten Strahlen durch das Fenster, das Licht geht aus und der runde kahle Raum wird nur noch durch ein paar flackernde Kerzen beleuchtet. Ich begrüße Euch ganz herzlich, ich freue mich wirklich sehr, dass Ihr gekommen seit, und erzähle Euch ein bisschen was über die Autoren, die ich uns für heute Abend ausgesucht habe. Dann nehme ich auf einem Stuhl unter der Treppe Platz und fange an zu lesen. Meine Stimme wird durch die runden Wände und die gewölbte Decke fünf Meter über uns gebrochen und zurückgeworfen und kling ein bisschen anders als sonst, aber ich hoffe, Ihr könnt mich alle gut verstehen.

Gruselig soll es werden, dass stand im Programm, aber es fängt erst mal eher romantisch mit der Loreley von Heine an. (Das war sicher, der genus locii, der mir das eingegeben hat.) Aber die Geister und Gespenster warten schon auf ihren Auftritt.

Das Gerippe von Manfred Kyber
Das Gespenst von Christian Fürchtegott Gellert
Der Saturnring von Gustav Meyrink
Der Totentanz von Johann Wolfgang von Goethe
Das Gespenst von Manfred Kyber

Hier machen wir eine Pause. Es ist ein bisschen zugig hier oben, vielleicht wollt Ihr Euch mit einer Tasse heißer Schokolade oder einem Tee aus dem gemütlich blubbernden Samowar aufwärmen? Einige von Euch haben vielleicht auch Lust, über die hölzerne Treppe bis ganz nach oben auf die Spitze des Turms zu steigen und die nächtliche Aussicht zu genießen. Wenn Ihr dann alle wieder auf Euren Plätzen sitzt, geht es weiter.

Der Schatzgräber von Johann Wolfgang von Goethe
Die Füße im Feuer von Conrad Ferdinand Meyer
Der Wahrheitstropfen von Gustav Meyrink
Das Geisterroß von Conrad Ferdinand Meyer
Erlkönig von Johann Wolfgang von Goethe
Das schwatzende Herz von Edgar Allan Poe

OK, ich habe hier und da ein bisschen geschönt, aber nicht viel. Ungefähr so sollte es wirklich werden. Nur das Programm wäre etwas anders gewesen, weil es kindertauglich hätte sein müssen. Anstatt der ganz gruseligen Sachen hätte es Märchen gegeben. Und ich hätte nicht so viel gelesen.

Vielen Dank, dass Ihr virtuell meine Gäste wart. Ich hoffe, es hat Euch gefallen. Und mit diesem letzten Gedicht wünsche ich Euch allen gute Nacht.

Nachtgeräusche von Conrad Ferdinand Meyer

Frisch geschlüpft: Sammlung kurzer deutscher Prosa 42

Diesmal dabei:

Die Gänsemagd von Jacob & Wilhelm Grimm gelesen von Claudia Salto
Die Wahrsagerin von Joseph Emil Nürnberger gelesen von Hokuspokus
Nürnberger, Joseph Christian Emil (aus: Allgemeine Deutsche Biographie) von Franz Brümmer gelesen von Hokuspokus
Modespionage von Anton Oskar Klaußmann gelesen von Rebecca Braunert-Plunkett
Hans im Glück von Ludwig Bechstein gelesen von Rebecca Braunert-Plunkett
Antonello, der Gondolier (aus: Venezianische Novellen) von Franz von Gaudy gelesen von Rebecca Braunert-Plunkett
Turmwächter Ole von Hans Christian Andersen gelesen von Elli
Ein Gang durch die römische Unterwelt (aus: Die Gartenlaube 1866) von C.B. gelesen von Rebecca Braunert-Plunkett
Der Andere von Arthur Schnitzler gelesen von Hokuspokus
[Rauchstinken] Achter Brief aus: Die Forschungsreise das Afrikaners Lukanga Mukara ins innerste Deutschland von Hans Paasche gelesen von Hokuspokus
Das Buch Hiopp oder wie das Buch Hiob ausgefallen wäre, wenn es Pastor Frenssen und nicht Luther übersetzt hätte von Gustav Meyrink gelesen von Karlsson
Handbüchlein der Moral von Epictetus gelesen von Rebecca Braunert-Plunkett
Eine Bagatelle (aus: Von Frauen und Kindern) von Anton Tschechow gelesen von Karlsson
Die wilde Miß vom Ohio von Joachim Ringelnatz gelesen von Claudia Salto
Die letzte Mohikanerin (aus: Von Frauen und Kindern) von Anton Tschechow gelesen von Karlsson

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Besonders ans Herz legen möchte ich Euch „Das Buch Hiopp oder wie das Buch Hiob ausgefallen wäre, wenn es Pastor Frenssen und nicht Luther übersetzt hätte“ von Gustav Meyrink. Nicht nur, weil ich ein Fan von Karlsson bin, auch weil ich ein großer Fan von Meyrink bin. Ich haben die Geschichte vor ein paar Jahren gelesen und hätte sie am liebsten sofort aufgenommen, aber mir war nur zu klar, dass dieser Text mein bisschen Talent von damals weit überstiegen hätte. Gut, dass ich es nicht gemacht habe, denn Karlssons Stimme hat genau den richtigen trockenen Humor für diese Geschichte und der norddeutsche Akzent in der Erzählung klingt absolut authentisch. Ich hab Tränen gelacht beim Proofen.

Bei der Gelegenheit vielleicht ein paar Worte zur Sammlung kurzer deutscher Prosa, die ich ja schon ein paar mal erwähnt habe. Bei LibriVox gibt es eine ganze Menge verschiedener Collections für englische Texte, Ghost and Horror Story Collection, Mystery Collection, Sci-Fi Collection, Poetry Collection und andere. Allen gemeinsam ist, dass die Aufnahmen nicht länger als maximal 70 Minuten sind und dass die Leser selbst aussuchen, was sie aufnehmen. Erfunden wurden die Collections, um den Meta-Koordinatoren die Arbeit ein bisschen zu erleichtern, die ja sonst jede kurze Erzählung einzeln in den Katalog bringen müssten. Sie sind aber auch ein schöner Spielplatz für Leser, die sich ihre Texte lieber selbst aussuchen, anstatt einzelne Kapitel in einem Gemeinschaftsprojekt aufzunehmen.

Wir sind leider viel zu wenige deutschsprachige Leser, um die vielen verschiedenen Collections auch auf deutsch zu haben und so ist die Prosa-Sammlung ein Ort für alle kurzen deutschen Texte, die sich nicht reimen. Hier werden Märchen genauso aufgenommen wie Lexikonartikel, Erzählungen, Novellen, alles, was die deutschsprachige Literatur vor 1923 so hergibt. Ich betreue die Prosa-Sammlung seit ihren Anfängen und das meiste, was ich über Literatur weiß, habe ich hier gelernt, entweder auf der Suche nach Texten, die ich aufnehmen könnte oder beim Probehören der Aufnahmen anderer Leser. Das Probehören ist immer besonders interessant, denn oft bekomme ich Texte auf die Ohren, die ich von selbst nicht gelesen hätte.

Die kurze Texte sind natürlich für die Vorleser deshalb interessant, weil man in relativ kurzer Zeit etwas fertig hat. Viele Hörer, scheint mir, mögen lieber längere Hörbücher, in die sie sich richtig versenken können. Aber die kurze Form hat auch ihre Reize. Eine Situation, ein ganzes Leben manchmal, in unter 8000 Wörtern auf den Punkt zu bringen, ist eine besondere Kunst. Im Durchschnitt 20 Minuten Audio passen wunderbar für die Fahrt auf die Arbeit oder einen kurzen Spaziergang. Und wenn die Aufnahme nicht gefällt, einfach weiter klicken zum nächsten Text, zum nächsten Autor, zum nächsten Leser, zum nächsten Literaturabenteuer. Im LibriVox Katalog warten über 500 Abenteuer darauf, entdeckt und erhört zu werden. http://librivox.org/group/458

Frisch geschlüpft: Klein Zaches, genannt Zinnober

von E.T.A. Hoffmann, gelesen von Karlsson

Der hässliche und dumme Wechselbalg Klein Zaches wird aus Mitleid von der Fee Rosabelverde mit einem Zauber belegt, so dass alle ihn für außergewöhnlich schön und begabt halten und die guten Leistungen anderer stets ihm zugeschrieben werden, die anderen jedoch für seine Frechheiten bestraft werden. Als er in die Universitätsstadt Kerepes kommt, nennt er sich stolz „Zinnober“. Obwohl der dort regierende Fürst Paphnutius erst kürzlich per Dekret die Aufklärung eingeführt hat, erliegen alle dem Zauber und der Herr Zinnober macht eine schnelle Karriere bis hin zum Minister am fürstlichen Hofe. Einer der wenigen, die die Blendung durchschauen, ist der romantische Schwärmer und Dichter Balthasar, der sich gerade Hoffnungen macht, das Herz der schönen Candida zu gewinnen, nun aber zusehen muss, wie auch diese völlig dem falschen Zauber des Zinnober verfällt und diesen sogar küsst. Verzweifelt sucht Balthasar Hilfe bei dem versteckt lebenden Magier Prosper Alpanus. Doch es ist eine schwierige Aufgabe, den Feenzauber zu brechen…

Das humoristische Kunstmärchen „Klein Zaches, genannt Zinnober“ ist nach Hoffmanns eigenem Bekunden „die lose, lockere Ausführung einer scherzhaften Idee“. Es lag dem Autor fern, sich über missgebildete Menschen lustig zu machen (der einzige, der dies in der Geschichte tut, der Student Fabian, wird vom Magier Prosper Alpanus abgestraft). Die Bezeichnung des Zaches als „Missgeburt“ soll vielmehr von vorn herein die charakterliche und fachliche Inkompetenz des späteren Ministers deutlich machen. „Klein Zaches“ ist eine humorvolle, ironische und skurrile Geschichte und eine teilweise groteske Satire auf blinden Wissenschaftsglauben, höfisches Leben, Politiker und das Obrigkeitsdenken. (Zusammenfassung von Karlsson)

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Ein neuer Hoffmann, wie schön! Hoffmann hielt sich übrigens selbst für hässlich und hat ziemlich darunter gelitten. In dieser Geschichte steckt wohl auch ein Quäntchen Selbstironie.

Heinrich Zschokke 1771-1848

Zschokke? Nie gehört. Wie spricht man das eigentlich? Zsch… Zscho… Zschokke?

Ich bin ja immer auf der Suche nach interessanten Texten für die Sammlung kurzer deutscher Prosa bei LibriVox, oder kurz Prosa-Sammlung, und eine gute Möglichkeit ist die Suche nach „Erzählungen“. Die sind häufig nicht ganz so lang. 8000 Wörter macht vorgelesen immerhin schon ungefähr eine Stunde und viel länger sollten die Beiträge zur Prosa-Sammlung auch nicht sein. Also habe ich mir eines Tages mal angesehen, was es unter dem Stichwort Erzählung bei Zeno.org so gibt. So bin ich auf diesen ungewöhnlichen Nachnamen gestoßen und auf die erste von Zschokkes Erzählungen, die ich je gelesen habe: Das Abenteuer der Neujahrsnacht.

Ich fand sie ganz nett, unterhaltsam, aber nicht wirklich umwerfend. Es geht dabei um einen Rollentausch, zwischen einem Prinzen und einem armen Burschen, die sich (so ein Zufall!) zum verwechseln ähnlich sehen. Solch ein Szenario haben uns inzwischen schon viele Autoren und Filmemacher vorgesetzt. Meistens ist es ja der Prinz, der bei der Geschichte richtig ins Schwitzen kommt, geläutert wird und am Ende ein besserer Mensch und König wird. Nicht so bei Zschokke. Da kommt der arme redlich Bursche von einer Zwickmühle in die andere und ist am Ende herzlich froh, dass er des Prinzen Rock wieder mit seinem eigenen zerschlissenen Wams eintauschen darf.

Nicht berauschend, doch meine Neugier war geweckt. Wer war dieser Zschokke den nun eigentlich?

1771 geboren in Magdeburg als Sohn eines Tuchmachermeisters. Er besuchte das Gymnasium und war danach erst einmal für 2 Jahre Dichter bei einer Wandertheatertruppe. „Ich stutzte heroischen Tragoedien die Schleppe des Talars kürzer, gab altväterischen Dramen modigern (sic) Schnitt, setzte in abgebrauchte Stücke neue Flicken, wie es eben das Bedürfniß des Theaterpersonals forderte, schrieb selber ein Paar Saus- und Grausstücke, reimte Prologen und Epilogen und wechselte mit wohllöblichen Magistraten kleiner Städte Briefe, ihnen zur Geschmacksveredlung ihrer Bürgerschaft unsere musterhaften Darstellungen zu empfehlen“ (Zitat Zschokke)

Nach dem die Truppe sich aufgelöst hatte, studierte Zschokke 1790-1792 an der Universität Frankfurt (Oder) Theologie und Philosophie. Nach der Promotion (damals ging das noch so schnell) war er drei Jahre Privatdozent für Philosophie und wurde Freimaurer. Und er schrieb! Erzählungen zunächst zur Unterhaltung eines ausgesuchten Freundeskreises, der Chokoladenbrüder, weil sie sich aus studentischen Trinkgelagen nichts machten, dann Theaterstücke. Abelino z.B., „der, bald darauf gedruckt, mit Geräusch über die meisten Bühnen Deutschlands gieng“ (Zitat Zschokke) Die Zschokkebibliothek in Aarau besitzt ein Bühnenexemplar, in das Fleck und Iffland Rollen-Anmerkungen eingetragen hatten. Beide waren berühmte Schauspieler dieser Zeit. Schiller sah am 2. Januar 1791 eine Aufführung des Stückes in Erfurt.

1795-1796 machte Zschokke eine Bildungsreise durch Deutschland, Frankreich und die Schweiz. Die Schweiz sollte sein Schicksal werden. Er ließ sich dort nieder, wurde Leiter einer Erziehungsanstalt und arbeitete an der Verbesserung des Schulwesens. Das kann nicht ganz einfach gewesen sein und er machte seine Sache mehr als gut, denn: „Es wurde ihm sogar eine Ehre zu Theil, welche im Laufe eines Jahrhunderts nur einem einzigen gewährt wurde. Die Räthe und Gemeinden Raetiens schenkten ihm das Staatsbürgerrecht.“ (ADB, siehe Quellen)

Ich gestehe, ich bin in der Geschichte der Schweiz so gar nicht bewandert und meine Quellen haben mich da auch nicht wirklich viel schlauer gemacht. Es gab damals wohl eine französische und eine österreichische Partei. Zschokke bezog Stellung für die französisch Seite, doch die österreichische gewann zunächst eine Volksabstimmung und eine Zeit lang sah es schlimm aus für Zschokke. Das Bürgerrecht wurde ihm entzogen, ein Preis auf seinen Kopf ausgesetzt und er musste fliehen.

1801 wendete sich das Blatt, Zschokke erhielt sein Bürgerrecht zurück und arbeitete in verschiedenen Ämtern für die Helvetische Regierung in Luzern. In dieser Zeit verkehrte er unter anderem mit Heinrich von Kleist.

1805 heiratete Zschokke Nanny Nüsperli, die Tochter eines Pfarrers. Das Ehepaar hatte eine Tochter und zwölf Söhne, von denen es drei zu einem eigenen Wikipedia-Eintrag gebracht haben. Vier seiner Enkel haben das ebenfalls geschafft.

Zschokke arbeitet bis 1843 in verschiedenen Ämtern für die Helvetische Regierung.

Er forschte und publizierte zahlreiche Werke über die Geschichte Bayerns und der Schweiz und schrieb weiter Novellen und Erzählungen, die beim Publikum sehr beliebt waren. Tatsächlich war er zu seiner Zeit einer der meistgelesenen deutschen Schriftsteller. Wenn das Volk der Dichter und Denker genug hatte von Goethe und Schiller, las es – Zschokke!

Tja, das habe ich dann auch gemacht und herausgekommen sind als Hörbuch bei LibriVox:

Der tote Gast

In „Der tote Gast“ entwickelt sich vor dem Hintergrund einer halb vergessenen Gespenstergeschichte aus der Vergangenheit des Städtchens Herbesheim die zarte Liebesgeschichte zwischen der Fabrikantentochter Friederike und dem Oberleutnant Georg Waldrichs. Doch nicht nur die Fabel des toten Gastes überschattet ihre Liebe.

Die Walpurgisnacht

Robert *** ist in Geschäften in Prag, als ihm in einem Kaffeehaus ein Mann auffällt, dessen Physiognomie in allem sehr an den Teufel erinnert. Wenig später verliert er seine Brieftasche und der Finder ist kein anderer als der Teufel aus dem Kaffeehaus. Kaum zu Hause angekommen, macht der Teufel ihm einen Besuch, in der Walpurgisnacht, „wo die Hexen und Kobolde ihr Wesen treiben“ und von da an überschlagen sich die Ereignisse.

Als eBooks gibt es bei MobileRead:

Gesammelte Werke http://www.mobileread.com/forums/showthread.php?t=183021 Vielen Dank, mmat1!
Die schwarzen Brüder http://www.mobileread.com/forums/showthread.php?t=217668 Vielen Dank, brucewelch!

(und wie alles bei LibriVox, Legamus und MobileRead natürlich ganz kostenlos und ohne Anmeldung und ähnlichen Schnickschnack)

Quellen:
Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Zschokke
ADB (Allgemeine Deutsche Biographie) Bd.45 bei Wikisource http://de.wikisource.org/wiki/ADB:Zschokke,_Heinrich (interessante Lektüre übrigens)